Im Obstlehrgarten summt es vernehmbar – die Apfelbäume stehen in voller Blüte. Von pink bis zu einem zarten weiß-rosa sind sämtliche Blütenfarben dabei, ebenso variantenreich wie es die späteren Früchte einmal sein werden. „63 Bäume haben wir hier, stehen“ erzählt Sepp Able, der eigentlich nicht so viel sagen will, obwohl er es mit Vorstand Xaver Pongratz war, der im Jahr 2007 den Obstlehrgarten des Gartenbauvereins maßgeblich umsetzte. Seitdem hat sich viel getan, stetig sind neue Obstbäume hinzugekommen, dann die rebenumrankte und selbst gezimmerte Pergola, die einen idealen Platz bietet für gemütliches Zusammensitzen sowie größere Aktionen. Nach einem Gartenrundgang nehmen die Vereinsmitglieder Platz und verkosten einen Most vom Vorjahr, der golden und klar in der Flasche schimmert. Die ersten Wespen fühlen sich auch gleich miteingeladen, na dann, Prost!
Wer nun meint, das Gartenjahr wird jetzt zur Obstbaumblüte grade mal in Schwung kommen, der irrt sich: Richard Bloos hat bereits im Februar nach den ersten frostfreien Nächten den Rebenschnitt vorgenommen. Mit dabei sind immer interessierte Mitglieder, die lernen wollen, welche Triebe weg müssen, um im Herbst reichlich Trauben zu bekommen. Kurz darauf folgt der Schneidekurs für die Obstbäume in Theorie und Praxis – das Spezialgebiet von Xaver Pongratz, der gern alle Obstsorten aufzählt: „Apfel, Birne, Kirsche, Zwetschge, Quitte, Pfirsich, Reneclaude.“ Die verschiedenen Wuchsformen verlangen nach speziellen Schnitten, versteht sich. Nur bei regelmäßigem und richtigem Schnitt sind die Bedingungen für eine gute Ernte gelegt, ist sich der Profi sicher.
Ein weiteres Thema die Obstbäume betreffend sind die Veredelungskurse, die Xaver Pongratz interessierten Gärtner:innen anbietet. Mehrere Sorten an nur einem Stamm – Pelzen macht’s möglich. Ferner managt er die Baumpatenschaften im Obstlehrgarten. Die Vereinsmitglieder zählen auf, was als nächstes kommt im Gartenjahr: Die Frühjahrsversammlung im April, bei der nicht nur Referenten zu Wort kommen, sondern auch Blumen und Gartenartikel versteigert werden. Es folgt der Grünrebenschnitt, damit die Trauben genug Licht abbekommen, um weiter wachsen, gedeihen und reifen zu können, dann die Baumpflanzaktion. Und natürlich das Mähen der Blumenwiese – aber nicht, bevor sie ordentlich geblüht hat und ihre Samen abwerfen konnte. Schlaue Gärtnerinnen und Gärtner beweisen die Geduld, weil sie wissen: Die vielen Blüten stellen ein wichtiges Nahrungsangebot für Insekten dar, die nicht nur Obstbaum-Bestäuber sind, sondern oft auch die Fressfeinde von Schädlingen. Im Garten wie im Leben gilt: Keine Handlung ohne Auswirkung.
Gemäht wird mit dem Balkenmäher, geheut aber mit der Hand. Ganz traditionell wird ein alter Leiterwagen mit dem Heu beladen und beim Umzug des Mittelalterfests präsentiert, gezogen von Rössern. Als Zehentfahrer zeigen sich die Vereinsmitglieder und schwärmen jetzt schon vom guten Duft des Heus, der die ganze Mühe wettmacht. Nach der ersten Mahd folgt im Spätsommer eine weitere und im Herbst eine letzte, um es den Wühlmäusen so ungemütlich wie möglich zu machen.
Doch bevor es in diesem Jahr so weit ist, geschieht noch viel: Da wäre einmal das Ferienprogramm, bei dem sich stets eine Gruppe von gut 15 Kindern findet, die heuer wieder durch Wiesen und Felder hin zu Xaver Pongratz wandert, der ein Wasserkraftwerk sein Eigen nennt. Dort wird jedes Jahr etwas anderes Schönes und Nützliches für die Natur gebastelt, sei es ein Vogel- oder Igelhaus, eine Vogeltränke oder ein Windrad. Apropos Kinder – das bedauern die Vereinsmitglieder ziemlich: eine eigene Kindergruppe gibt es bislang nicht. Vielleicht tut sich da zukünftig was, immerhin ist junger Nachwuchs zu verzeichnen bei den mittlerweile gut 450 Mitgliedern.
Und mit jungen Leuten zu tun haben – das wollen die Vereinsleute unbedingt. Das Wissen rund um den eigenen Obst- und Gemüsegarten will schließlich weitergegeben werden, ist Generationensache. Darum engagiert sich der Verein seit Jahren mit der Pflege des Grundschulgartens, bietet Heckenwanderungen an, öffnet gemeinsam mit den Kindern den Komposthaufen und untersucht ihn mit ihnen gemeinsam nach Kleingetier, das für’s Umsetzen verantwortlich ist, da wird angepflanzt, gejätet und gepflegt durchs ganze Jahr. Erst neulich wurde der Zaun erneuert und das Erdreich gleich mit.
Im Sommer, wenn alles vor sich hinwächst und reift. Ist dann auch mal Zeit, sich von daheim wegzubewegen: Der große Jahresausflug führt die Gartler:innen zu Gartenschauen, in die Natur, in Schladming und bei den Rießlochfällen war man schon, im Altmühltal und am Chiemsee ebenfalls. Als erweiterten Vorstandsausflug bezeichnen die Anwesenden den alljährlichen Radlausflug, bei dem man gut 80 Kilometer strampelt. Und wenn sich die heiße Jahreszeit dem Ende zuneigt, wird’s richtig aufregend: Dann steht die Erntezeit an, mit Sicherheit der Gipfel des Vereinsjahres. Gemeinsam wird das Obst im Garten von den Bäumen geholt, bevor die Äpfel und Birnen gepresst werden. Gut 1500 Liter Saft kommen da schnell zusammen. Ein Teil wird nach dem Pasteurisieren in Bag&Box-Behälter gefüllt. Und was geschieht mit dem anderen Teil? Natürlich wird Most eingemacht!
Darauf heben die Vereinsmitglieder ihre Becher: „Wir haben einen der besten Moste,“ sagt Xaver Pongratz und nickt Ludwig Esterl zu, der mit seinem eigenen Most mehrfacher Landkreissieger ist. Der strahlt übers ganze Gesicht und hebt bescheiden die Schultern. Alle zwei Jahre wird auf Landkreisebene der beste Most gekürt – und in den Jahren dazwischen prämieren die Arnstorfer selbst ihren besten Trunk. Ein letztes Highlight ist das Krauthobeln, das großen Zulauf findet. Im November am Allerseelenmarkt, wenn verkaufsoffener Sonntag ist, stehen die Vereinsmitglieder am Marktplatz und hobeln für die Leute Krautköpfe, um daraus im Lauf der Zeit Sauerkraut entstehen zu lassen.
Die Vorstandsmitglieder haben alle ihr eigenes Spezialgebiet, für das sie sich auch im Verein einsetzen. Bernhard Bednara ist Schriftführer – naheliegend, dass er sich um den Online-Auftritt kümmert und die Festschrift geschrieben hat. „Daheim hab ich ein Gartl und einen großen Obst- und Ziergarten,“ erzählt er. Vorstand Xaver Pongratz zeichnet für die Baumschneidekurse verantwortlich, in den eigenen Reihen, aber auch für andere Vereine. Das gilt auch für die Veredelungskurse. Daheim hat Xaver Pongratz einen Apfelbaum, der acht Sorten trägt. Dazu drei Hochbeete und vier Reben. Und noch ein Thema hat sich der Vorstand zu Eigen gemacht: Terra Preta, ein spezielles Verfahren zur Kompostherstellung.
Zweite Vorständin, Marianne Huber, ist überall dabei, wo sie gebraucht wird und organisiert vor allem den Ausflug. „Ich pflanze gern Gemüse an. Bei mir gibt’s nur Gründüngung,“ sagt sie. Ludwig „Wigg“ Esterl ist als Beirat immer zur Stelle, pflegt leidenschaftlich gern Bäume, auch die bei der Arnstorfer Wasserreserve, mostet, organisiert den Radausflug. Auch daheim ist er für die Bäume zuständig, „das Gartl macht meine Frau.“
Und dann ist da noch Sepp Able, der sich nach gut 20 Jahren aus der Vorstandschaft verabschiedet hat. Weil er aber direkt ums Eck des Obstlehrgartens wohnt, bezeichnet er sich selbst noch als „Platzwart“, „Maschinenwart- und verleiher“ sowie „Hausl“. Nach wie vor teilt er die Mahd ein, bereinigt die Baumscheiben, ist einfach da.
Nicht anwesend, aber total nennenswert, sind Kassiererin Gabi Golginger, Kräuterfachfrau und Schulgarten-Beauftragte – sie bietet zusammen mit Anita Lindner die Heckenwanderung für Kinder an. Auch Beirätin Anita Lindner wird genannt, ebenfalls aktiv im Schulgarten, bei der Gestaltung des Erntedankaltars, immer dabei, wenn sie gebraucht wird. Außerdem mit dabei in der Vorstandschaft sind Stefan Hendl, Jutta Wasmeier, Ines Dietrich, Christian Oswald und Andrea Hager, die bei den Obstpresstagen höchsten Einsatz zeigt.
Ein weiterer Rundgang durch den Obstgarten mit der Kamera bringt Xaver Pongratz auf die Baumpflanzaktion: Alljährlich pflanzt der Verein den „Baum des Jahres“ an unterschiedlichen Standorten. Ein schöner Brauch, um die Vielfalt der heimischen Bäume zu zeigen und um obendrein die wichtige Bedeutung der großen Pflanzen herauszustellen. Heuer wird’s eine Rotbuche, die ein neues Zuhause bei Anita Lindner finden wird.
Im Rahmen des Projekts „Ein Vereinsnetzwerk in und um Arnstorf“ des Förderprogramms “Engagiertes Land” der DSEE (Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt).