Im Portrait: Die Kolpingsfamilie Arnstorf – Gutes tun und für andere da sein

Im Portrait: Die Kolpingsfamilie Arnstorf – Gutes tun und für andere da sein

Im Pfarrzentrum unter dem Dach hat die Kolpingsfamilie Arnstorf ihren Platz. Eingefunden hat sich neben Pfarrer und Präses Bernhard Saliter das Vorstandsteam, bestehend aus Rosemarie Peter, Kordula Bachl und Helmut Grünbeck. Außerdem dabei ist Hildegard Forster, die sich engagiert, wo sie nur kann. Gemeinsam reflektieren die Mitglieder über das Bestehen der Kolpingsfamilie vor Ort, die Teil des Kolpingwerks und somit eines der größten Sozialverbände Deutschlands ist.

Thomas Pröcklmaier war es, der 1958 mit Helmut Kronwinkler die Kolpingsfamilie in Arnstorf gründete. Letzterer ist nach wie vor aktiv. Anfangs waren Mädchen und Frauen nicht zugelassen, erst 1971 änderte sich diese Regelung. „Gegründet wurde die Vereinigung von Adolph Kolping im Sinne eines Gesellenvereins,“ sagt Bernhard Saliter. „Ziel war es, jungen Wanderburschen Werte zu vermitteln – christlich und weltlich.“

Aktuell zählt die Kolpingsfamilie 90 Mitglieder, eine Jugendgruppe gibt es schon seit gut zehn Jahren nicht mehr, was die Anwesenden bedauern. „Die Glanzzeiten der Kolpingsfamilien waren in den 80ern,“ sagt Rosemarie Peter. „Da war die Jugendarbeit im Vordergrund. Ausbildungsunterstützung, Vorträge und Freizeit haben dazugehört.“ Sie selbst hat die Jugendgruppe bis 2015 geleitet, bis die Jugendlichen einfach „drausgewachsen“ sind und keine Neuzugänge dazugekommen sind.

Warum nicht? Bernhard Saliter zuckt mit den Schultern. Zu viele andere Angebote und dazu fehlendes Engagement von möglichen Gruppenleiterinnen und Gruppenleitern. Rosemarie Peter ergänzt: „Und ganz ehrlich – wir sind eine kirchliche Vereinigung. Das interessiert die Jugend heute nicht mehr.“ Auch Corona hat an der Kolpingsfamilie gerüttelt – Treffen waren nicht möglich und auch die gewohnten Aktivitäten konnten nicht stattfinden. Jetzt dürfen sich alle erst wieder daran gewöhnen, dass wieder was möglich ist.

 

Sammeln für Malawi und Uruguay

Die Familienmitglieder zählen sämtliche wichtige Ereignisse rund ums Kirchenjahr auf: Den Emmaus-Gang, die Maiandachten, Pfingsten, das Gestalten des Fronleichnamsaltars, Rosenkränze, den Bibelabend, den Stammtisch in örtlichen Gasthäusern, Radtouren, Kulturfahren, Vorträge. „Wir gehören zum Diözesanverband Passau,“ erklärt Hildegard Forster. „Der Verband bietet zusätzlich Aktivitäten an, bei denen sich jedes Mitglied jeder Familie im Verband anschließen kann.“ Das ist das Schöne, wie alle bestätigen: Man trifft sich überregional. Zum Beispiel bei der geplanten Romfahrt Ende Oktober 2022, die von Passau aus organisiert wird.

Und man tut Gutes. Der Diözesanverband Passau unterhält Partnerschaften zu Uruguay und Malawi. Für diese Länder hat sich die Kolpingsfamilie in Arnstorf schon mit so mancher Aktion beteiligt: Alte Handys wurden gesammelt, um die Rohstoffe zu verwerten. Alte, aber noch tragbare Schuhe hat man zusammengetragen und gespendet. Dann gab es die Kolpingziege Erna, ein Stofftier, für deren Erlös eine Ziege oder Saatgut für Malawi gegeben wurde. Bernhard Saliter nennt außerdem den Weihrauch-Verkauf, der zusammen mit Räucherkohle und Kreide in den Gottesdiensten um Neujahr verkauft wird und dessen Erlös ebenfalls den Eine-Welt-Ländern zugute kommt. Hildegard Forster erzählt von der Briefmarkenaktion, die es seit vielen Jahren auch in Arnstorf gibt:  „Gebrauchte Briefmarken werden gesammelt. Dafür steht ein Briefkasten mit Kolpingzeichen im Foyer des Rathauses bereit, dazu der in der Walkstraße 5. Durch das Sammeln ermöglichen wir jungen Menschen im Globalen Süden eine Berufsausbildung.“ Corona hat das Sammeln zwar stark eingeschränkt, wie sie sagt, dennoch kamen deutschlandweit 2021  immerhin über 9.000 Euro zusammen – auch Dank der Arnstorfer.

Auch direkt vor Ort ist die Kolpingsfamilie im Einsatz. Seit Jahrzehnten organisieren die Mitglieder die Nikolausbesuche. Derzeit sind jedes Jahr sechs Nikoläuse mit ihren Kramperln im Einsatz. Die Kostüme wurden vor Ort genäht. Auch Bernhard Saliter schlüpft alljährlich hinein, setzt die Mitra auf und nimmt den Stab in die Hand, wenn er die Grundschülerinnen und Grundschüler besucht. In den letzten beiden Jahren war dies nicht uneingeschränkt möglich, weshalb sich Hildegard Forster was einfallen ließ: Der Nikolaus schrieb Briefe und schickte sie an die Kinder. Das kam gut an und ließ die Tradition nicht in Vergessenheit geraten. Der Erlös der Nikolausbesuche kommt selbstredend den Partnerländern zugute.

 

Wetteinsatz: Blumenzupfen

Und noch eine lustige Geschichte hat Hildegard Forster parat: Da aufgrund Corona großes Wallfahrten nicht möglich war, kam die Kolpingjugend der Diözese Passau auf folgende Wettidee: „Wetten, dass Ihr es nicht schafft, mit wenigstens fünf Mitgliedern Eurer

Kolpingsfamilie bis Ende Oktober 2021 eine Wallfahrtsstrecke von mindestens fünf Kilometern zurückzulegen!“ Es war nicht nur der Wetteinsatz, der die Arnstorfer anspornte. Sollten sie gewinnen, durften sie frei wählen, was die Kolpingjugend machen musste. Schließlich marschierten sieben Personen von Reischach bis nach Altötting und zurück – mit 24 Kilometern wurde die Wette also locker gewonnen. Heuer wird der Wetteinsatz gefordert: Die Kolpingjugend darf beim Blumenzupfen für den Fronleichnam-Altar helfen.

Die Runde überlegt, was sich noch so alles tut. Ach ja, selbstverständlich beteiligt sich auch die Kolpingsfamilie Arnstorf am Mittelalterfest: Als Fußvolk bieten sie selbst gebundene Buchsbaum-Kranzerl und heuer auch Duftsackerl feil. „Wir sind von Anfang an dabei,“ sagt Rosemarie Peter. Auch schon lange Zeit ist die Kolpingsfamilie beim Sommerfest im Parkwohnstift dabei. Mit einem Theaterstück und Spielen bereichern sie den Nachmittag der Senioren mit ihren Angehörigen. Und nicht zuletzt erzählt das Vorstandsteam vom Wunsch, Adolph Kolping möge endlich in den Stand der Heiligen gerufen werden. Dazu bräuchte es noch ein nachgewiesenes Wunder, wie Bernhard Saliter erklärt. Mit der Unterschriftenaktion „Kolping ist mir heilig“ setzte sich der Sozialverband dafür ein, dass der Vatikan dieses Wunder endlich finden sollte.

 

Ganz neu: die Stiftung

Was gibt den Mitgliedern ihre Kolpingsfamilie? Bernhard Saliter macht den Anfang: „Ich schätze den Zusammenhalt, darum sind wir eine Familie und kein Verein. Wir stehen füreinander ein.“ Hildegard Forster ergänzt: „Mir gefällt, dass die Familien generationenübergreifend sind. Alle dürfen mitmachen – wir haben was für Familien, Senioren, Mütter und Väter und Großeltern mit ihren Kindern und Enkeln zu bieten. Und es erfüllt mich, Gutes tun zu können“ Über sich selbst sagt sie: „Ich bin eine Gschaftlerin. Ich springe überall auf, wo ich was vorwärts bringen kann. Wichtig ist mir, dass wir im Gespräch bleiben.“

Rosemarie Peter erzählt von ihrer Motivation: „Für mich ist nicht nur die Freizeit, sondern auch der christliche Hintergrund wichtig. Ich bin durch meine Familie in Kolping reingewachsen, dadurch hab ich gelernt, Verantwortung zu übernehmen. Heute mag es ich besonders, Gottesdienste und Maiandachten zu organisieren.“ Kordula Bachl schließt sich an: „Ich schätze die Gemeinschaft zwischen den verschiedenen Altersgruppen. Der Kontakt zu anderen Kolpingsfamilien tut gut.“ Dem hat Helmut Grünbeck nichts mehr hinzuzufügen. Seine Vorrednerinnen und Vorredner haben alles gesagt, was auch er an der Kolpingsfamilie mag.

Bevor sich die Runde zum Foto versammelt, fällt Hildegard Forster noch was ein: „Wir haben im letzten Herbst eine Stiftung ins Leben gerufen!“ Unter dem Namen „Kolping – Stiftung für das Leben im Bistum Passau“ wird direkt vor Ort Gutes getan. Wer aus welchen Gründen auch immer bedürftig ist, kann sich melden. Meist geschieht dies über Dritte. Es konnte schon gut geholfen werden: „Einer Familie, einem blinden Mann, alten Menschen,“ zählt Hildegard Forster auf. Selbstverständlich steht die Stiftung auch den Arnstorfern offen. Die Älteste in der Runde sprüht vor Energie und hat vor, dies auch weiterhin zu tun: „Unsere nächste Aufgabe: neue Mitglieder und Nachwuchs finden!“

 

Im Rahmen des Projekts „Ein Vereinsnetzwerk in und um Arnstorf“ des Förderprogramms “Engagiertes Land” der DSEE (Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt).