Oben im Rittersaal brennt Licht. Rainer Gratz hat angerichtet, heute kommen ein paar der obersten Faschingsfreunde bei ihm in Mitterhausen zusammen. Der Gastgeber selbst ist seit 1997 dabei und bekleidet heute das Amt des 2. Kassiers. Mit an der Tafel sitzen Harry Brandl, der erste Kassier und Präsident Michael „Much“ Hofbauer – und ein wenig später gesellt sich auch noch Vizepräsident Jonas Golginger dazu. Bei einem Bierchen lässt es sich gut spekulieren über die faschingsfrohen Zeiten, die nach zwei Jahren Zwangspause heuer hoffentlich wieder aufleben.
„Wir brauchen zwei Wochen Vorlauf, dann kann’s losgehen,“ meint Harry Brandl. Er ist seit 20 Jahren im Verein, lebt aber erst seit zwei Jahren in Arnstorf. „Damit ich vom Volksfest zu Fuß heimgehen kann,“ sagt er und lacht. Michael Hofbauer ist seit 2002 bei den Loamdupfa und seit 2007 Präsi. „Damals hat mich mein Fußballtrainer dazugschmatzt. Ich wurde auch gleich zum Elferrat gewählt. Mit 16 Jahren. Bei den Faschingsfreunden hab ich mich gleich aufgehoben gefühlt. Eine große Truppe, die gern feiert, das war das Höchste. Und ist es auch heute noch.“ Auch Harry Brandl erinnert sich an seine Anfänge: „Mit Fasching konnte ich erst gar nichts anfangen. Ein Spezl hat mich überredet. Es macht einfach Spaß – auf die Leute kommt’s an.“
Keine typische Garde – die Showtanzgruppe
Rainer Gratz nickt. So sieht er das auch. Als er mit seiner Clique dem Jugendhaus entwachsen war, lautete die nächste Option, gemeinsam was zu machen: Faschingsverein. Der Organisator des Mittelalterfests „Auf Heller und Barde“ hat natürlich dafür gesorgt, dass die Faschingsfreunde auch hier vertreten sind. Früher waren sie als Jäger und Sammler dabei, mittlerweile haben sie sich zu Ordensrittern hochgearbeitet. Wobei er mit strengem Blick betont: Nur im Fasching verkleidet man sich – nicht so auf dem Mittelalterfest. Verstanden!
Seit 1971 gibt es nun in Arnstorf den Faschingsverein. Das 50-jährige Jubiläum im letzten Jahr konnte nicht gefeiert werden. Da schauen die Anwesenden geknickt auf ihre Bierflaschen – und den 254 weiteren Mitgliedern wird es ähnlich ergangen sein. Zeit wird’s, dass wieder was passiert – da sind sie sich einig. Der Mitgliederzahl hat die Zeit des Abwartens allerdings nichts anhaben. Im Gegenteil: Der Verein verzeichnete sogar Zuwachs. Rainer Gratz erzählt von der Nachwuchsschmiede der Showtanzgruppe, dem LAC, Leichtathletik, Abteilung Kinderturnen. Da gibt es mehr Anfragen, als tatsächlich aufgenommen werden können.
Leider fehlt an diesem Abend eine Vertreterin der Showtanzgruppe, doch die Männer geben ihr Bestes, die Vereinssparte glänzend zu repräsentieren. Sie schwärmen von ihren Tänzerinnen und den handgeschneiderten Kostümen – jede Saison gibt es ein zum Motto passendes Gewand und neue Tänze. „Das ist keine typische Garde,“ sagt Harry Brandl. „Typisch ist bei uns eh nix,“ ergänzt Rainer und spielt auf das fehlende Prinzenpaar an. So was brauchen die Arnstorfer nicht. Dann lieber ein Gaudi-Prinzenpaar für einen Tag beim Wirtshausumzug, wobei alle Arnstorfer Lokalitäten abgeklappert werden. An diesem geschichtsträchtigen Tag wird morgens ein spontan ernanntes Prinzenpaar, meist gleichen Geschlechts, abgeholt. Ja, und dann wird dem schönen Leben gefrönt.
Allseits beliebt: die Faschingszeitung
Harry Brandl kommt nochmal auf die Showtanzgruppe zu sprechen: „Da gibt es noch die Oldstars, die Gründerinnen, die heute alle 30 plus sind. Sie haben als Workout die alten Tänze trainiert und zum Spaß einen Gardemarsch einstudiert.“ Dieser wurde dann in der Gardevorstellung und am Faschingsdienstag 2020 auch vorgestellt. Getanzt hat auch mal der Elferrat selbst – beim Einmarsch, mit einer eigenen Choreographie. Das kam gut an bei den Leuten, hat sich aber wegen „Talentfreiheit“ nicht mehr wiederholt.
Was sich hingegen seit 1972 jedes Jahr wiederholt, ist die allseits beliebte Faschingszeitung, die festhält, was sich übers Jahr ereignet hat . Klatsch, Tratsch und allerlei Lustiges und Verbotenes. In den Wirtshäusern hat man Faschingskästen aufgestellt, in die die Leute anonym oder auch nicht ihre handgeschriebenen Geschichten einwerfen konnten. Eine mittlerweile schwierige Tradition. Die Wirtshäuser werden weniger und der Wille, etwas handschriftlich festzuhalten erst recht. Also haben es die Initiatoren mit WhatsApp und E-Mails versucht. „Da kam nicht viel – weil man eben nicht anonym ist,“ sagt Michael. Trotzdem haben die Arnstorfer Gschichterln bislang ein jedes Mal für eine Faschingszeitung gereicht, die seit langem fest in Rainer Gratz‘ fähigen Händen ist. Am Faschingswochenende gibt’s traditionell den Haus-zu-Haus-Verkauf. 13 Gruppen ziehen dann am Samstagvormittag durch die Siedlungen und verkosten nebenher das ein oder andere Schnapserl.
Viel Zeit bleibt allerdings nicht, da es am Nachmittag schon weitergeht zum Faschingszug irgendwo und abends erfolgt ein Auftritt dortwo. Ein wahrhaft harter Tag! Bis zum Faschingsdienstag sind die Arnstorfer auf sämtlichen Umzügen vertreten, Simbach bei Landau, Schönau, Massing, Gangkofen, Malgersdorf … Bis ihr eigener dran ist, am letzten Tag der Faschingszeit. „Das ist Arnstorfs inoffizieller Feiertag. Ab Mittag haben die Läden zu,“ sagt Michael Hofbauer. Die Vorbereitungen erfolgen schon Anfang des Jahres – dann wird der Faschingswagen gebaut. „Das ist schon ein Highlight,“ sagt der Präsi und lobt das großartige Verhältnis zwischen Loamdupfa, Bauhof und Gemeinde. Und Harry Brandl fügt die Firma Rimböck hinzu, die ihnen seit Jahren „einfach so“ einen Tieflader für’s Grundgerüst zur Verfügung stellt.
Ein Familienfest für gut 4000 Leute
Die Nächte der Themenfindung sind lang und zugegeben auch bierlaunig, wie die Männer erzählen. Fest steht: Politik muss nicht sein, lieber allgemeine lustige Themen wie Las Vegas, Lego, Westernsaloon, Wikinger und was nicht noch alles. Der Bauhof stellt seine Schreinerei zur Verfügung, die Firma Brandhuber ein Aggregat für die Musikanlage. In aller Frühe bauen die Markt-Mitarbeiter Buden und Bühne auf – und nach dem Umzug beseitigt die Kehrmaschine der Gemeinde den Müll. „Am Abend sieht man schon nicht mehr, dass Fasching war,“ sagt Harry Brandl.
Alle sind voll Dankbarkeit, dass man den Faschingsfreunden ihre Freude gönnt. Am Marktplatz gibt es Würstl und Getränke, einen Losstand, ein Karussell und eine Mohrenkopfschleuder. „Das ist ein richtiges Familienfest für geschätzt 4000 Leute,“ sagt Rainer Gratz. Nach dem Umzug wird traditionell im Feuerwehrhaus weitergefeiert, wo Tische, Bänke, Kaffee und Kuchen auf alle Generationen warten. Michael Hofbauer erzählt von seiner Oma, die ebenfalls mit von der Partie ist. „Die Feuerwehr überlässt uns ihr Haus und unterstützt den Umzug,“ sagt Rainer. Dazu wird noch im Barzelt unter den Arkaden gefeiert. „Solange es den Kindern gefällt, trinkt der Papa noch ein Bier“ – dieses Motto gilt schon seit den Gründervätern des Vereins. Spätestens bis Mitternacht, dann ist Schluss bis zum nächsten 11.11.
Zumindest mit Fasching. Denn auch unterm Jahr haben die Loamdupfa Gründe zum Feiern. Da wäre einmal das bereits erwähnte Mittelalterfest. Dazu kommt das Weinfest, das seit 2004 an Pfingsten unter den Arkaden gefeiert wird. Anfangs haben die Rupertiwinzer aus der Partnergemeinde in der Wachau selbst ihre edlen Tropfen verkauft, mittlerweile wird er geliefert. Neben dem vergorenen Traubensaft gibt es auch Bier und Brotzeit, Kaffee und Kuchen, es wird gegrillt – und natürlich spielt auch Musik. „Das ist ein Arnstorfer Pflichttermin. Das Weinfest ist so etabliert wie das Volksfest,“ sagt Rainer Gratz und findet Zustimmung. 1000 Weingläser mit Gravur warten jedes Jahr auf ihre Befüllung – und auch schlechtes Wetter kann die Besucher nicht abschrecken, die dann eben im Zelt mit Decken und Jacken sitzen. Hauptsache dabei.
Feierfreudig und spendabel
Und was tut sich noch so in der faschingsfreien Zeit? Kurzes Überlegen: „Die Gardeparty zwischen Oktober und Faschingsanfang,“ fällt Jonas Golginger ein. Der Erlös davon wird für die Kostüme verwendet, das Motto lautet „Bad Taste“. Und nachdem der Fasching einmal begonnen hat, baut man ihn traditionell an Silvester an. Normalerweise gibt’s am Marktplatz Würstl, Glühwein und Kaffee, dazu klappern die Kassiere die Geschäfte ab, um zu sammeln. Und normalerweise gibt es am 5. Januar den ersten Auftritt der Garde, noch abseits jedes Faschingsballs oder -umzugs, damit die Eltern und Großeltern der kleinen Tänzerinnen die ersten sind, die das Können ihrer Kinder erleben können.
Ganz wichtig ist den Faschingsfreunden das jährliche Dankesessen, bei dem sie sich vor allen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern verneigen. „Es ist einfach nicht selbstverständlich, wie super im Fasching generationen- und vereinsübergreifend geholfen wird,“ sagt Harry Brandl. „Für viele Vereinsexterne ist die Unterstützung selbstverständlich, da muss man nichts mehr groß sagen, die sind da, auf die ist Verlass.“ Er zählt den Hüpfburg-Verleiher auf oder die Frau Forstner, die seit Jahren hinterm Ausschank im Feuerwehrhaus steht. „Die Arnstorfer sind feierfreudig,“ fasst Rainer Gratz passend zusammen. Und die Loamdupfa sind daneben auch spendabel: Seit der Gründung 1971 spendete der Verein um die 45.000 Euro. „Wenn nach der Faschingssaison was übrig bleibt, geht es an gemeinnützige Zwecke.“
Im Rahmen des Projekts „Ein Vereinsnetzwerk in und um Arnstorf“ des Förderprogramms “Engagiertes Land” der DSEE (Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt).